Rechtsblog

Vertragsstrafe 25.000 Euro – Vorsicht bei Abgabe der Unterlassungserklärung

17. Juni 2014

BGH: Eine Vertragsstrafe in einer Unterlassungserklärung ist unter Kaufleuten nur dann unwirksam, wenn sie bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem Verstoß und den zukünftigen Gefahren steht.

25.000 Euro Vertragsstrafe bei Verstoß gegen Unterlassungserklärung

Ausgangspunkt war eine Abmahnung, der eine vorformulierte Unterlassungserklärung beilag, die der Empfänger offenbar ohne anwaltliche Prüfung und Änderung unterschrieben hat. Im Einzelnen:

Der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. mahnte einen Immobilienmakler wegen eines Wettbewerbsverstoßes wegen Nutzung der Bezeichnung „Haus &  Grund“ im Firmennamen durch den Makler ab. Der Makler verpflichtete sich in der Unterlassungserklärung, künftige Verstöße zu unterlassen. Bei einer Zuwiderhandlung sollte eine Vertragsstrafe von 25.000 Euro gezahlt werden.

Nachdem der Verband auch nach Abgabe der Erklärung feststellte, dass der Makler in Branchenverzeichnissen im Internet  und bei „google maps“ weiterhin den Firmennamen „Haus & Grund“ nutzte, forderten sie den Immobilienmakler zur Zahlung der versprochenen Vertragsstrafe auf. Der Makler zahlte nicht und hielt die Vertragsstrafe für unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige im Sinne des AGB-Rechts. Daher ging der Fall über mehrere Instanzen bis zum BGH.

Individueller Vertrag oder wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung als AGB

Bei der Beurteilung, ob eine Vertragsstrafe wirksam ist, kann es darauf ankommen, ob es sich um eine Klausel in einem individuellen Vertrag oder um eine vorformulierte Unterlassungserklärung handelt.

Die Vertragsstrafe im Wettbewerbsrecht dient dazu, den Unterzeichner der Erklärung von weiteren Wettbewerbsverstößen abzuhalten. Daher muss die Strafe auch so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer nicht mehr lohnt und dieser deshalb vor weiteren Verstößen zurückschreckt. Die Richter entschieden deshalb, dass bei der Beurteilung der Unwirksamkeit einer Vertragsstrafe im Wettbewerbsrecht ein weniger strenger Maßstab anzunehmen ist. Kaufleute sind weniger schutzbedürftig. Außerdem legte das Gericht fest, dass Kaufleute bei Vertragsstrafen im Rahmen von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärungen weniger schutzbedürftig sind als Verbraucher.

Daher haben die Parteien im kaufmännischen Verkehr einen größeren Beurteilungsspielraum und es kann nicht angenommen werden, dass die Vertragsstrafe bereits dann unangemessen ist, wenn die Höhe oberhalb des typischerweise zu erwartenden Schadens liegt. Vielmehr kann die Vertragsstrafe erst dann unwirksam sein, wenn sie bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem bereits begangenen Verstoß und den zukünftigen Gefahren, die von dem Verletzer ausgehen, steht.

Vertragsstrafe nach „Hamburger Brauch“ ist nicht verpflichtend

Der BGH sagte auch weiteres Grundsätzliches zur Vertragsstrafe in Unterlassungserklärungen.

Grundsätzlich ist es nach dem sogenannten neuen Hamburger Brauch möglich, eine Vertragsstrafe so zu vereinbaren, dass der Rechteinhaber die Vertragsstrafe unter Berücksichtigung des konkreten Verstoßes nach billigem Ermessen festlegt und die konkrete Höhe dann von einem Gericht überprüft werden kann. Den Kaufleuten steht es allerdings ebenso frei, eine eindeutige Vertragsstrafe mit besonderer Abschreckung zu wählen.

Fazit: In dem konkreten – für den Betroffenen wirklich tragischen – Fall sah der Bundesgerichtshof in der Vertragsstrafe von 25.000 Euro keine unangemessene Benachteiligung. Sie sei zwar vergleichsweise hoch für ein kleines und regionales Unternehmen, allerdings sei eine evidente Benachteiligung nicht ersichtlich und das Unternehmen als Kaufmann weniger schutzbedürftig. Nach dieser Entscheidung sollten Kaufleute im Umgang mit Vertragsstrafen gewarnt sein und sollten sich im Zweifel anwaltlich beraten lassen, um die Vertragsstrafe beispielsweise im Wege einer modifizierten Unterlassungserklärung zu verringern.

Es gilt: Eine mit der Abmahnung mitgeschickte Unterlassungserklärung sollte nie ungeprüft unterschrieben werden. Wenn eine Unterlassungserklärung abgegeben wird, muss auch sichergestellt werden, dass keine weitere Verletzung erfolgt. Lassen Sie sich beraten!

 

Urteil des BGH vom 13.11.2013 (Az.: I ZR 77/12)

Rechtstipps und Urteile

↑ Zurück zum Seitenanfang